Andreas Lechner

IT Professional, Jazz Musiker, Enthusiast

Führungsteams und warum sie so selten sind

Führungskraft zu sein bedeutet viele Herausforderungen, nur wer sich engagiert, erfolgreich ist und seinen Mitarbeitern ein Umfeld bietet, in dem sie sich entfalten können, wird sich größere Führungsverantwortung erarbeiten. Dazu kommen vielfältige Anforderungen, strategisch zu arbeiten, Probleme effektiv zu beseitigen, Themen voran zu bringen, Projektmanagement zu beherrschen und eine Reihe anderer Aufgaben, die den Job interessant und herausfordernd machen.

Zu führen bedeutet eine andere Art von Aufgaben als die eines Teammitglieds. Die Führungskraft unterstützt ihre Teams, zusammenzuwachsen und als Team Höchstleistungen zu erbringen. Sie bleibt immer eine unterstützende Rolle neben dem Team („Searvant Leadership“) und Begleiter der Menschen im Team (z. B. „Manager Teacher“ in Lean). 

Natürlich arbeitet die Führungskraft in ihrem Team, aufgrund der Sonderrolle ist sie oft auf sich alleine gestellt. 

Beobachtungen im agilen Umfeld

In meinem aktuellen Projekt ist ein Teil der agilen Transformation, klassische Führungsrollen aufzulösen und durch agile Rollen zu ersetzen. Führungskräfte haben die Möglichkeit, sich auf Personalführung zu fokussieren, eine Rolle als PO anzunehmen oder Scrum Master zu werden.

Es ist sicher nicht einfach, Aufgaben abzugeben, die man bisher gut gemacht hat und so bin ich beeindruckt von der Souveränität, mit der die Führungskräfte offen für die Fokussierung auf einen Teilbereich annehmen. 

Eine weitere Konsequenz ist, dass mehrere Personen sich die Aufgaben teilen, die bisher eine Führungskraft hatte und sie zukünftig eng zusammenarbeiten müssen. Vor dem Hintergrund der Sonderrolle Führungskraft keine leichte Aufgabe.

Meine Erfahrungen im Führungsteam

Ich hatte das Glück, bei HOTEL DE in einem gut funktionierenden Führungsteam zu arbeiten und bin begeistert von den sich ergebenden Chancen. Ich freue mich für die Menschen, diese Erfahrung ebenfalls machen zu dürfen und bin um so mehr überrascht, dass die Kollegen beim Kunden allerdings mit der Situation noch nicht viel anfangen können und sich mit dem Übergang schwer tun. 

Tatsächlich hatte ich ähnliche Probleme, als ich Teil des Führungsteams bei HOTEL DE wurde und möchte meine Erfahrungen teilen.

Ein Führungsteam zu werden ist nicht einfach

Im Jahr 2015 rief mein Chef, der Geschäftsführer von HOTEL DE ein Daily Standup mit seinen Direct Reports, mich und meine drei Kollegen, ein. Sein Ziel war, uns zu einem Team zu entwickeln. Ich war für die Softwareentwicklung mit 5 Entwicklungsteams inkl. Scrum Mastern verantwortlich, meine Kollegen führten die kundenseitigen POs, die hotelseitigen POs und das UX-Team.

Ich kann mich gut an die ersten Standups erinnern. Ich fühlte mich seltsam: Was sollte ich erzählen? Vertraute uns mein Chef nicht, dass wir jeden Morgen berichten sollten? Probleme wollte ich selbst lösen und Erfolge konnte ich nicht jeden Tag vermelden. Ich wollte aber vor meinem Chef gut dastehen – also erzählte ich Allgemeinplätze, lobte mein Team und hörte von den Kollegen ähnliches.

Ein Offsite in dieser Zeit verlief ähnlich: Jeder stellte seine Vision vor, wie wir mit den damaligen Herausforderungen einer Legacy-Anwendung und vorhandenem Marktdruck umgehen wollten. Meine Vorstellung gewann 🙂

Diese Situation sehe ich jetzt in meinem Kundenprojekt wieder: Als Führungskraft haben wir gelernt, dass erfolgreich ist, wer sein Team gut schützt und durch Erfolge glänzen kann. Die Kollegen und Chefs möchte man dabei nicht zu tief in die eigenen Karten schauen lassen, sie könnten den Schmutz in der Ecke sehen – den man ja im Griff hat…

Ein Führungsteam zu sein ist gigantisch

Nach ein paar Monaten ließ uns der Geschäftsführer mit unserem Daily alleine: Wir wären jetzt ein Team, er sei nicht mehr notwendig. War es am Anfang unangenehm dass er dabei war, so war es jetzt seltsam dass er nicht mehr dabei sein wollte: Waren wir ihm plötzlich egal?

Tatsächlich hatten wir in der Zwischenzeit gelernt uns zu vertrauen und konnten uns mit Problemen den anderen gegenüber öffnen. Wir behielten das Daily bei und konnten tatsächlich Themen gemeinsam besprechen anstatt zu versuchen, den anderen gegenüber zu glänzen. Hatte einer ein Problem, suchte er Rat bei den anderen. Wir packten strategische Themen gemeinsam an und gaben uns Tipps, wenn wir Baustellen bei den anderen wahrgenommen hatten.

Das Team war plötzlich mehr geworden als die Ansammlung guter Führungskräfte: Wir waren ein tolles Führungsteam geworden. Es war großartig, Sparringspartner zu finden, Probleme nicht mehr alleine lösen zu müssen und Gleichgesinnte zu haben. Unsere verschiedenen Sichten ergänzten sich und wir konnten voneinander profitieren. Die Teams profitierten von einer abgestimmten Sicht: Wollte ein Team z. B. technische Schulden lösen, hatte es das ok von allen beteiligten Führungskräften. 

Wege zum Führungsteam

Die Kollegen in meinem aktuellen Projekt haben mich gefragt wie wir das gemacht haben: Wie sind wir zu einem Team geworden? Ich bin mir sicher, dass es nicht das Daily war. Ich denke, es war die gemeinsame Arbeit an Problemen. Das Daily gab uns dafür eine Plattform, weil wir uns regelmäßig gesehen haben. Wir mussten kein Meeting ansetzen oder bis nächste Woche warten sondern hatten am nächsten Morgen die Möglichkeit mit den anderen zu reden.

Anfangs fühlte es sich seltsam an, wenn der PO-Kollegen Gedanken bzgl eines Scrum Masters äußerte – das war mein Verantwortungsbereich. Mit der Zeit habe ich dieses Feedback schätzen gelernt, weil wir gemeinsam die beste Lösung für HOTEL DE finden konnten. Vier Augen sehen einfach mehr als zwei. Der Kollege musste im Gegenzug meine Gedanken zu den POs aushalten und hat sie gerne angenommen.

In meiner Karriere hatte ich nicht oft die Chance, in einem echten Team zu arbeiten, deshalb bin ich für diese Chance besonders dankbar. Und biete den Führungsteams beim Kunden meine Erfahrung an, im Vertrauen darauf dass sie ebenfalls positive Erfahrungen im Führungsteam machen dürfen.

Führungsteams und warum sie so selten sind

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